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©Nikolaus Rösler

Ankündigung | Talar und Albe

Hoppla, was ist denn das? Der Pfarrer und die Diakonin mit einem weißen
Gewand. Vielleicht haben Sie dieses oder Ähnliches gedacht bei diesem Bild.
Oder Sie haben sich schon in einem unserer Gottesdienste über die Veränderung gewundert.
Tatsächlich ist der schwarze Talar das gebräuchlichste Gewand im evangelischen Gottesdienst. Die Amtstrachtsverordnung der Evangelischen Kirche im Rheinland jedoch weist darauf hin, dass neben dem schwarzen Talar auch die Albe als weißes Gewand im Gottesdienst getragen werden kann.

Die Albe (lateinisch albis: weiß) wurde schon im frühen Christentum von den Getauften getragen. Aus ihm spricht keine Hierarchie oder Amtsordnung, sondern das Priestertum aller Gläubigen. Auch Martin Luther trug in seinen Gottesdiensten eine Albe als Grundgewand, während er sich für die Predigt eine Schaube (Gelehrtenrock mit Ähnlichkeit zum Talar) anzog. Daher ist die Albe bis heute ein Gemeinschaftsgewand, das an sich alle Christen als Getaufte tragen können.

Der Talar dagegen hat in der evangelischen Tradition eine verhältnismäßig junge Geschichte. Er wurde 1811 vom preußischen König als Standesgewand für Richter, Rabbiner und Pfarrer eingeführt. Anders als die Albe ist er in seinem Ursprung kein liturgisches Gewand. Vielmehr ist der Talar ein Gelehrtengewand, das sich über die letzten zwei Jahrhunderte als
gottesdienstliches Gewand der Pfarrer:innen etabliert hat.  Die Albe dagegen steht für das weiße Licht als Christusfarbe, in das wir alle als Getaufte in unserer Hoffnung hineingenommen sind.

Für unsere Gemeinde hat sich mit dem Dienstbeginn unserer Diakonin Carolin Wildgrube die Frage gestellt, welches Gewand sie bei der Gestaltung von Gottesdiensten tragen kann. Als Diakonin ist sie in der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands (EKMD) eingesegnet und in vollem Umfang dienstfähig. In der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) dagegen braucht sie noch die Ordination, um Sakramente verwalten zu können. Die Albe ist momentan das einzige Gewand, das sie tragen kann. Zudem wird die Albe als liturgische
Kleidung für Diakon:innen vom VEDD (Verband Evangelischer Diakonen-, Diakoninnen und Diakonatsgemeinschaften in Deutschland e.V.) empfohlen.

Für meinen Dienst als Pfarrer habe ich in den letzten Jahren in meiner Gestaltung und theologischen Konzeption der Gottesdienste über zwei Gestaltungsformen hinsichtlich der liturgischen Kleidung nachgedacht. Die Albe verkörpert für mich gegenüber dem Talar in ihrer größeren Schlichtheit stärker die Gleichheit unter den Feiernden. Sie bestärkt damit meinen theologischen Ansatz der Gemeinde als barrierefreie Gemeinschaft ohne Ansehen der Person. Zudem hat sie als liturgisches Gewand in ihrer Lichtsymbolik eine eigene theologische Aussage. Andererseits jedoch verstehe ich den Talar schon von Kindheit an als
evangelisches Markenzeichen. Er ist für mich ein „gottesdienstliches Arbeitsgewand“ und bis heute ein Stück unverwechselbare Identität der evangelischen Pfarrperson.
So glaube ich, dass sich Albe und Talar in meinem praktischen Gebrauch sehr gut ergänzen. Die Albe fügt sich bei Lichtfesten (Christusfeste, wie z.B. die Gottesdienste in den Kar- und Ostertagen) und bei Taufgottesdiensten sehr gut in die Gesamtaussage des Gottesdienstes ein.
Der Talar hingegen scheint mir passender zu den Regelgottesdiensten im Verlauf des Kirchenjahres. Zudem entfaltet er eine besondere Aussagekraft im Kontext von Bestattungen und unterstützt die optische Unterscheidbarkeit in ökumenischen Gottesdiensten. Somit halte ich es für sinnvoll, die Albe anstelle des Talars zu tragen, wenn es die theologische Konzeption des Gottesdienstes nahelegt. Ansonsten bleibe ich gerne und mit Freude ein
talartragender Pfarrer.

Nach intensiver Beratung im Ausschuss für Gottesdienst, Theologie und Kirchenmusik hat das Presbyterium in seiner Sitzung vom 26. März 2025 beschlossen, diesem Grundansatz des Gebrauchs von Talar und Albe zu folgen.

Mit diesem Beschluss dürfen wir uns auf eine größere Vielfalt und Aussagekraft in der Gestaltung unserer Gottesdienste freuen.

Auch hoffen wir, dass es im weiteren Verlauf viele Rückmeldungen von Ihrer Seite gibt und wir über neue Eindrücke und Fragestellungen in ein vertieftes Gespräch kommen.

Pfarrer Daniel Rösler mit Diakonin Carolin Wildgrube